Der Maler Paul Müller-Kaempff


Paul Müller-Kaempff trat nachweislich mit seinen Bildern erstmals im April 1888 an die Öffentlichkeit. Im Magdeburger Dom konnte er im Rahmen der Frühjahrsausstellung des Magdeburger Kunstvereins 2 Gemälde ausstellen und für 350 Mark zum Verkauf anbieten. Ob diese beiden Gemälde einen Käufer fanden, ist nicht überliefert. Zumindestens begann er damit erstmals in Magdeburg seine Bilder dem Publikum vorzustellen.

 

Eine Reihe von Ölgemälden befinden sich heute in öffentlichen Museen und Sammlungen (Kulturhistorisches Museum Rostock, Staatliches Museum Schwerin, Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Kieler Kunsthalle, Sammlung des Förderkreises Ahrenshoop e.V. und der Gemeinde Ahrenshoop) und werden regelmäßig ausgestellt. Der Verbleib der meisten Gemälde ist aber unbekannt. Viele Bilder befinden sich in privaten Sammlungen und sind teilweise über die ganze Welt verstreut. Schon zu Lebzeiten konnte Müller-Kaempff Bilder bis nach Argentinien und China verkaufen.

In Ahrenshoop, dem Ursprungsort zahlreicher Gemälde, sind Bilder von Müller-Kaempff im Romantikhotel Fischerwiege der Familie Fischer zu besichtigen. Hier ist eine große Anzahl beeindruckender Gemälde öffentlich präsentiert.

Eine abschließende Bewertung des künstlerischen Schaffens von Müller-Kaempff ist mit den bisher bekannten Materialien nicht möglich. Viel Wichtiges und Wesentliches an Wissen und Bildern befindet sich sicherlich noch in unbekannter privater Hand.

 
 

Paul Müller- Kaempff, „Fischerkaten in den Dünen“, Ölgemälde, Verbleib unbekannt, ein ähnliches Motiv ist im Besitz des Kulturhistorischen Museums Rostock

  Müller- Kaempff, „Abendstimmung“, Ölstudie, Verbleib unbekannt
 

 

Es ist mein Anliegen, eine Übersicht über alle Gemälde zu bekommen, die sich in privater und öffentlicher Hand befinden.

Müller-Kaempffs künstlerische Entwicklung ist eng mit dem Ort Ahrenshoop verknüpft. Hat Müller-Kaempff Ahrenshoop nun wirklich zufällig entdeckt, so wie er es in seinen Erinnerungen (nachzulesen im Juliheft der Mecklenburgischen Monatshefte 1926) selber beschreibt? Wahrscheinlich nicht, denn sein Lehrer in Berlin, Hans Frederik Gude (1825-1903), bei dem Müller-Kaempff von 1886 bis 1888 Meisterschüler gewesen ist, galt zwar als Norwegenmaler, aber darüber hinaus hat er sich nachweislich bereits ab 1883 mit der deutschen Ostseeregion beschäftigt, und gerade in der Zeit von 1886 bis 1888 sind mehrere Malaufenthalte von Gude auf Rügen, der Insel Vilm und Usedom belegt. Und es ist wohl naheliegend, dass Gude seinen Meisterschülern von der reichen Motivauswahl der Ostseeregion berichtete. Vielleicht hat Müller-Kaempff ihn sogar bei diesen Studienreisen begleitet! Bisher sind dafür noch keine Belege nachgewiesen, die diese Vermutung bestätigen könnten. Aber mit Sicherheit hat Müller-Kaempff diese Verbundenheit seines Lehrers mit der Natur des Ostseeraumes geprägt, so dass er sich auf die Suche nach einem neuen und weitestgehend abgeschiedenen Ort gemacht hat, den er letztendlich mit Ahrenshoop auch fand. Der Ort war zur damaligen Zeit nur schwer und mühsam zu erreichen, am besten ging es noch auf dem Wasserweg von Ribnitz über Wustrow nach Althagen. Auf dem Landweg war Ahrenshoop nur mit einer Postkutsche zu besuchen. Diese musste sich über sandige Feldwege mühsam nach Ahrenshoop durchkämpfen. Im Winter war der Landweg oft nicht passierbar.

 

Müller-Kaempff war die bestimmende Persönlichkeit der Gründungsmitglieder der Ahrenshooper Künstlerkolonie, auch wenn er nicht der erste Maler in Ahrenshoop gewesen ist. Aber erst durch ihn und seine organisatorischen und künstlerischen Aktivitäten entwickelte sich Ahrenshoop von einem verschlafenen unbekannten Fischerdorf zu einer überregionalen Künstlerkolonie.

Müller-Kaempff gilt als der Begründer der Ahrenshooper Künstlerkolonie, nicht nur weil er sich 1892 ein Haus in Ahrenshoop bauen ließ, sondern auch weil er Malschüler und vor allem Malschülerinnen unterrichtete und für sie 1894 eine Malschule mit angeschlossener Pension eröffnete. In seiner Malschule überwogen die Schülerinnen, da sie im Gegensatz zum Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland staatliche Kunstakademien nicht besuchen durften. So blieb ihnen nichts weiter übrig, als sich an privaten Malschulen einzuschreiben, um eine künstlerische Ausbildung zu erhalten.

Müller-Kaempff engagierte sich darüber hinaus auch in der Gemeinde Ahrenshoop. Er erarbeitete z.B.1895 mit die erste Kurtaxenordnung für Ahrenshoop.

 

Anhand der zahlreichen bekannten Gemälde von Müller-Kaempff kann man nachvollziehen, welche Motive er bevorzugt hat. Die meisten sind leider nicht datiert, so dass die künstlerische Entwicklung nur schwer zu verfolgen ist. Die natürliche, abgeschiedene Landschaft bot eine Vielzahl von Bildmotiven. Seine Bilder geben den Darsser und Fischländer Lebensraum im Wechsel des Lichts wieder. Aber genau wie das Licht verwendet Müller-Kaempff den Schatten als Ausdrucks- bzw. Verstärkungselement. Durch die Verwendung des Schattens erscheint das Sonnenlicht in seinen Gemälden leuchtender und strahlender. Häufig malte Müller-Kaempff seine Bilder aus dem Schatten, damit fiel der Blick des Betrachters auf das Sonnenlicht.

Er stellte die Ahrenshooper Motive im Wechsel der verschiedensten Jahreszeiten dar und versuchte die Stimmung der Landschaft, im schnellen Wechselspiel von Licht und Wetter, einzufangen. Wind, Wasser und Sand sind die Reize der Ahrenshooper Landschaft.

An verwendeten Motiven finden wir die Küste des Meeres mit der stürmischen und ruhigen See, den Uferbereich mit den vom Sturm und Wetter gezeichneten Windflüchtern, den weiten und hohen Himmel, das Hohe Ufer, die Ahrenshooper Mühle, Dünen mit üppiger und blühender Vegetation, die weiträumige Boddenlandschaft, den Ort mit den wie geduckt in der Landschaft wirkenden Katen, Scheunen, Stallgebäuden und Gehöften, stille Felder, Wiesen und Gärten oder den Darsswald im kleinen und großen Ausschnitt. Das offene Meer wird von Müller-Kaempff selten dargestellt. Der Übergangsbereich zwischen Meer und Ufer wird dagegen vom Künstler sehr zahlreich in vielen Bildern als Motiv ausgewählt.
Paul Müller-Kaempff, „Kopfweiden am Weg zum Bodden“, Kohlezeichnung, signiert, Privatbesitz

 

Auch die von der Jahreszeit abhängige Stimmung des Darsswaldes wird in zahlreich bekannt gewordenen Waldgemälden erfasst. Anhand des zeitlich abhängigen Wechsels der Farbe des Farnkrautes kann man die Bilder der entsprechenden Jahreszeit zuordnen. Die Farbpalette nuanciert vom niedrig gewachsenen im satten Grün dargestellten Farnkraut des späten Frühjahrs, über das hoch gewachsene Farnkraut im Sommer in Dunkelgrün bis zum Rotbraun im Herbst. Müller-Kaempff beschäftigte sich in seinen Waldbildern sowohl mit dem Waldrand als auch mit dem Inneren des Waldes. Häufig kann man eine sonnenüberflutete Lichtung erkennen.
„Dünenwald“, Lithographie aus der Serie 10 Federzeichnungen von Müller-Kaempff: Ahrenshoop- Sommertage am Ostseestrande, Privatbesitz

Menschen findet man bei Müller-Kaempff auf seinen Bildern nur ausnahmsweise, und diese sind nicht unbedingt im Motivmittelpunkt zu finden. Sie sind eher als Staffage herausgearbeitet, nur angedeutet dargestellt und gehen meistens einer landwirtschaftlichen Tätigkeit nach.

Für Müller-Kaempff sind die Kornhocken ein wesentliches Ausdrucksmoment der sommerlichen Jahreszeit. Während seine Gemälde nur selten datiert sind, kann man auf vielen datierten Sommerzeichnungen von Müller-Kaempff gezeichnete Kornhocken bemerken. Nicht das Abbild der Landschaft, sondern das Einfangen und Festhalten der Stimmung, den sinnlichen Eindruck versuchte Müller-Kaempff mit seinen Bildern zu erfassen und auszudrücken.

Er entwickelte in Ahrenshoop die Landschaftsmalerei zu einer Art Ansichtspostkarte in Öl.

Müller-Kaempff war als Landschaftsmaler sehr erfolgreich. Er zählte ausgangs des 19. Jahrhunderts zu den fortschrittlichsten und bekanntesten Landschaftsmalern und somit zur Avantgarde seiner Zeit. Er war ein Landschafter in schlichter Natürlichkeit und, wie auch alle anderen großen Landschaftsmaler des 19.Jahrhundert ein Kind der Großstadt.
 
  „Abend am Strande“, Lithographie aus der Serie 10 Federzeichnungen von Müller-Kaempff: Ahrenshoop- Sommertage am Ostseestrande, Privatbesitz

Bilder kauften zu seinen Lebzeiten nicht nur die Museen in Rostock, Oldenburg, Kiel und Hamburg. Auch viele Privatsammler kauften seine Bilder, selbst Prinz Eitel Friedrich, der zweite Sohn von Kaiser Wilhelm II, erwarb 1908 mehrere Werke für den kaiserlichen Hof.

 

Mit seinen Malutensilien durchstreifte er ca. 30 Jahre lang die nähere und weitere Ahrenshooper Landschaft, nie müde werdend, immer wieder mit den gleichen Motiven, die Stimmung und Schönheit der Landschaft im Wechsel der Jahreszeiten in seinen zahlreichen Werken festzuhalten. Es kann nur spekuliert werden, wie viele Gemälde letztendlich von seiner Hand entstanden sind.

Paul Müller-Kaempffs künstlerisches Schaffen ist nicht immer bedeutungsvoll. Manchmal wirken seine Bilder ein wenig trivial, aber sie sind doch von einer Aussagekraft, die nachhaltigen Wert behalten hat.
 
Kritisch muss man zur künstlerischen Entwicklung von Müller-Kaempff anmerken, dass er zwar an der Vervollkommnung seiner Malauffassung arbeitete, sich mit neuen Kunstströmungen aber nicht auseinander setzte, so dass von ihm, ähnlich wie bei anderen berühmten Zeitgenossen ebenso (z. B. Max Liebermann), keine neuen Impulse mehr auf die internationale Kunstentwicklung ausgehen konnten. Er hatte zwar nachweislich bereits1906 Kontakte zu den Brückekünstlern E. Heckel und K. Schmidt-Rottluff, verschloss sich aber den revolutionären neuen Einflüssen des Expressionismus und der künstlerischen Moderne. Neue Tendenzen der Malerei konnte und wollte er sicherlich nicht für sich nutzbar machen. Die gesuchte Abgeschiedenheit in Ahrenshoop führte letztendlich zu einer künstlerischen Isolierung, die auch darin zum Ausdruck kommt, dass er immer wieder die gleichen Motive mehrfach für seine Ölbilder verwendet.
Max Liebermann (1847-1935), Dame im Pelzmantel, Radierung 86/100 u.r. signiert; Privatbesitz
 
 
 
 
 
 
  Hermann Max Pechstein (1881-1955) „Fischer beim Einholen der Netze“, Farblithographie 1922, u.r. signiert; Privatbesitz  
   
Letztendlich überholten ihn die Zeit und die Verhältnisse, denen er sich nicht anpassen konnte. Sein später Malstil wurde zunehmend konventioneller. Er pflegte die Tradition und verpasste den Anschluss an die Moderne.
   
Dies' mögen Gründe dafür gewesen sein, dass Müller-Kaempff vor seinem Tode verarmte und während seines Lebensabends materielle Sorgen zu bewältigen hatte.
    „Buchen am Strande des Dars“, Lithographie aus der Serie 10 Federzeichnungen von Müller-Kaempff: Ahrenshoop- Sommertage am Ostseestrande, dieses Motiv hat er ebenso in mindestens 2 Ölgemälden verarbeitet, Privatbesitz

 

Neben Gemälden, Aquarellen, Pastellen und Zeichnungen sind von ihm auch Entwürfe für Möbel überliefert und eine Vielzahl von Postkarten bekannt geworden. Des Weiteren fertigte er Lithographien für Heimatmappen an. Er illustrierte Bücher. Hier wäre als Beispiel seine Mitarbeit am Buch von Naumann „Naturgeschichte der Vögel Mitteleuropas“( Fr. Eugen Köhler Verlag 1905) zu nennen.

 
 
 
 
Postkarte des Ostseebades Ahrenshoop von Paul Müller-Kaempff, abgestempelt im Januar 1911   Mappe der Serie mit 10 Federzeichnungen von Müller-Kaempff, „Ahrenshoop- Sommertage am Ostseestrande“, Privatbesitz

Anfang